Offener Brief zur Sozialquote

Die Stadt Backnang hat im Juli 2019 erstmals eine Sozialquote bei Neubauvorhaben verabschiedet. Wir haben uns vor der Abstimmung in einem offenen Brief an den Gemeinderat, sowie die Stadtverwaltung gewandt und klar gemacht wo der Kern des Wohnungsproblem liegt.

Die Quote wurde letztlich noch etwas nach oben korrigiert, jedoch bleibt sie kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen mehr Wohnraum der nicht nur Profitinteressen dient. Es geht also weiter!

Den offen Brief haben wir unten angehängt.

Sehr geehrter Herr Nopper, sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderats, sehr geehrte Damen und Herren,

so sehr wir uns auch über den Vorschlag der Backnanger Stadtverwaltung zur Festlegung einer Quote zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum bei Neubauten freuen, so erstaunt sind wir doch über das Verhalten einiger Fraktionen im Gemeinderat. Wir fordern den Gemeinderat dazu auf ein deutliches Zeichen für alle Backnanger*innen mit schlanken Geldbeutel zu setzen. Die Wohnungssituation in Backnang ist gerade für Geringverdiener dramatisch.

Zu den knapp 400 offenen Wohnungsanfragen auf der städtischen Warteliste und bei der Baugeno kommen viele weitere Menschen, die verzweifelt im Internet und auf anderen Wegen eine Wohnung in Backnang suchen. Blickt man auf die entsprechenden Wohnungsportale im Internet, so erkennt man, dass vor allem bezahlbarer Wohnraum gesucht wird. Luxuriöser Wohnraum scheint hingegen in Backnang weniger problematisch zu sein. Dies überrascht nicht wirklich, wurde in den vergangenen Jahren sehr viel hochwertiger Wohnraum geschaffen. Die Entwicklung der Immobilienpreise und der Mieten verdeutlicht dies nochmals. Auch Corona hat der Bauwirtschaft bislang nichts anhaben können. Es ist davon auszugehen, dass die Immobilienpreise weiter steigen werden, denn gerade in Krisenzeiten sind sichere und dauerhafte Wertanlagen gefragt.

Dass der soziale Wohnungsbau in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten vernachlässigt wurde, ist kein Geheimnis. Eine Quote für bezahlbaren Wohnraum bei Neubauvorhaben ist der erste, richtige Schritt. Allerdings muss die Quote so sein, dass sich auch spürbar etwas ändert. Homöopathische Ansätze führen hierbei nicht zum Ziel. Um wirklich eine Entlastung am Wohnungsmarkt zu erreichen, muss eine solche Quote im Bereich von 25 – 30% liegen – zumindest solange bis die Versäumnisse der letzten Jahre aufgeholt sind.

Eine ähnliche Forderung wurde auch vielfach in den Bürgerdialogen zum IBA-Vorhaben „Backnang-West“ geäußert. Ein Luxus-Quartier kann nur verhindert werden, wenn langfristig bezahlbarer Wohnraum gesichert wird. Es bleibt abzuwarten, ob die Stadt ihrer Aussage, die Wünsche der Bürger verbindlich zu berücksichtigen, tatsächlich nachkommen wird.

Die Argumente, die von Seiten der CDU und BfB gegen eine derartige Quote ins Spiel gebracht werden, sind nicht nachvollziehbar. Das Schreckgespenst, dass dann in Backnang gar niemand mehr bauen würde, erscheint als Nebelkerze. Die Gewinnspannen in der Immobilienwirtschaft sind enorm und in den letzten 10 Jahren stetig gestiegen. Auch eine Sozialwohnungsquote wird immer noch eine angemessene Rendite für die Bauunternehmen zulassen. Bauunternehmen die dies nicht einsehen und stattdessen lieber am Bedarf vorbei bauen möchten, erscheinen ohnein als schlechter Partner für die Backnanger Stadtentwicklung.

Auch die Aussage, dass die mittelständischen Bürger die Zeche in Form von stark steigenden Mietpreisen zu zahlen hätten, können wir nicht nachvollziehen. Die Mietpreise richten sich danach, was der Markt hergibt und nicht danach, was der Bauherr sich wünscht. Gerade aus diesem Grund ist es notwendig, dass sich im bezahlbaren Segment etwas bewegt, damit jede(r) Backnanger Bürger*in von einem weniger rapide ansteifgenden Mietspiegel profitieren kann.

Die Initiative „Backnang für Alle“ fordert eine Quote für bezahlbaren Wohnraum von 30% ab einer Objektgröße von 400 m² bis zum Jahr 2027. Langfristig soll die Stadt auf genossenschaftliche Modelle setzen und allen Initiativen helfen, welche an gemeinschaftlichen Besitzmodellen arbeiten. Ebenso soll die Stadt in den kommenden Jahren mehr Wohnraum in eigenen Besitz bringen und langfristig zu vernünftigem Mietzins an Backnanger Bürger abgeben.

In Kürze werden wir uns mit weiteren Aktionen aus der Corona-Pause zurückmelden.

Mit freundlichen Grüßen

Initiative Backnang für Alle