Redebeitrag

Am 28.12. fand in Backnang die Kundgebung #Leave No One Behind statt, um auf die Corona-Situation von Geflüchteten in Backnang und Europa hinzuweisen. Ein Mensch aus der IBFA hielt dort eine Rede in Bezug auf Leerstand und die Frage, wie Wohnraum für alle Menschen wirklich werden kann.

Den Beitrag veröffentlichen wir hier:

Liebe Backnanger*innen, Liebe Freund*innen,

es sind komische Zeiten die wir aktuell erleben. Von aus dem Haus gehen und soziale Kontakte pflegen hin zu „Zuhause bleiben“, Onlinekonferenzen, Home-Office. Sein Zuhause für eine längere Zeit nicht zu verlassen, hört sich einfach an und macht medizinisch Sinn.

Doch ist Zuhause nicht Zuhause. Im Zuge der Corona-Krise werfen die sozialen Unterschiede deutlich ihre Schatten. Es macht einen Unterschied ob man diese Zeit in einer 1-Zimmer-Wohnung, einem Haus am Stadtrand oder in einer Geflüchtetenunterkunft verbringen muss.

Was ist, wenn man Abstand halten soll aber dies einem unmöglich ist?

Als in der Backnanger Geflüchtetenunterkunft Corona ausbrach wurde anfangs nicht einmal der Zimmernachbar verlegt. Gleiches Problem und Spiel finden wir in allen Wohngemeinschaften, Frauenhäusern und Obdachlosenheimen wo man stets eine gemeinsame Infektionsgemeinschaft bilden muss.

Für diese bleiben im Falle von Corona nur Einschränkung der Bewegungsfreiheit und das Hoffen, dass der Kelch an ihnen vorüber zieht. Ein selbstständiges Handeln wird Ihnen unmöglich gemacht und gefährdet Menschen.

Die Corona-Krise zeigt uns deutlich auf, was in unserem Land schief läuft und wie wir mit den Menschen umgehen, welche sich am unteren Rand der Gesellschaft befinden. Zentral bleibt, dass zu viele Menschen zu wenig Raum zum Leben haben. Beengte Wohnungsverhältnisse und fehlende Ausweichmöglichkeiten inklusive.

Doch damit nicht genug. Zeitgleich zur Wohnungsnot stehen zahlreiche Häuser leer und dienen als langfristige Kapitalanlage, oder verwahrlosen. Ein Umstand welchen wir in jeder Stadt finden. Hier reicht es an den Schillerplatz oder an das Ende der Marktstraße zu gehen.

Seitens der Politik schallt es, dass einem die Hände gebunden sind, doch oftmals werden nicht einmal versuche unternommen dieses Problem anzugehen. Das Recht auf die Nichtverwendung von Eigentum wiegt höher als das Recht auf würdiges Wohnen?!

Ob Zweckentfremdungsverbot, Mietpreisbremse, Beschlagnahmung oder Besetzung.

Schreckgespenster einer Schicht, welche über 50% der Bevölkerung vergessen haben. Es ist unverschämt, dass BMW bezuschusst vom Staat seinen knapp 1,6 Milliarden Dividende Ausschütten will, während zahlreiche Menschen um ihre Existenz fürchten.

Es darf nicht sein, dass diese Krise auf dem Rücken der Geringverdiener*innen ausgetragen wird.

Und gerade in Zeiten von Corona sollten wir beginnen „Out-of-the-Box“ zu denken und andere Wege zu gehen. Zerstrittene Erbgemeinschaften, Leerstand zu Spekulationszwecken, Mietwucher und Immobilienspekulation sind Missbrauch an benötigten Gütern unserer Gesellschaft. Diese müssen der Allgemeinheit wieder zugänglich werden und dafür brauchen wir eine grundsätzlich andere Haltung zu diesem Thema.
Es ist notwendig über Dinge wie Zweckentfremdungsverbote, Leerstandsbeauftragte und Besetzungen zu sprechen. Gerade letzteres war früher ein gutes Mittel um wieder Leben in Häuser und Druck auf die Straße zu bringen. Arbeiten wir an einer Bewegung, welche sich gegen Ausgrenzung und Verdrängung zu wehr setzt. Bauen wir in welcher gesellschaftlicher Fortschritt und Reichtum allen zugute kommt. Für eine solidarische Gesellschaft!
Melden sie Leerstand, engagieren sie sich, wehren sie sich und werden sie laut für solidarische Städte! Beenden wir Leerstand, lasst uns Besetzungen legalisieren.

Wir fordern, dass Recht auf würdiges Wohnen für Alle Menschen!